Vogelmiere
Stellaria mediaDie Vogelmiere (Stellaria media) ist eines der häufigsten Wildkräuter in unseren Breiten. Das kleine krautige Nelkengewächs ist eine beliebte Futterpflanze für Vögel und Kleinnager. Aufgrund der hohen Gehalte an Vitaminen und Mineralstoffen wird Vogelmiere auch gern in Salatmischungen mit Wildkräutern gegessen. Doch auch als Heilpflanze gegen hartnäckigen Husten oder unterstützend bei Rheuma kann die Vogelmiere gute Dienste leisten.
Botanischer Name | Stellaria media |
Pflanzenfamilie | Nelkengewächse |
Weitere Namen | Hühnerdarm, Feldsternmiere, Hühnerbiss, Hühnermiere |
Aussaatzeit / Pflanzzeit | März |
Blütezeit | meist ganzjährig |
Erntezeit | ganzjährig |
Standort | sonnige bis schattige Standorte mit nährstoffreichen und lehmigen Böden |
Verwendung als Heilkraut | Husten, grippale Infekte, Gelenkrheumatismus, Wundheilung |
Verwendung als Gewürzkraut | Salaten, Kräuterpesto, Kräuterbutter, roh auf Butterbrot |
Von Hühnern und Sternen
Dass der Name Vogelmiere unweigerlich im Zusammenhang mit Vögeln steht, ist unbestreitbar. Der Arzt und Naturforscher Gotthilf von Schubert (1780 bis 1860) sowie der Botaniker Christian Hochstetter (1787 bis 1860) begründeten den Namen damit, "weil es den Singvögeln zur Nahrung dient"[4]. Doch es sind nicht nur Sing- oder Ziervögel, die Vogelmiere seit Jahrhunderten gerne essen. Der Namenszusatz Miere wurde den Sprachwissenschaftlern um Jacob Grimm (1785 bis 1863) zufolge vom Lateinischen morsus gallinae (Hühnerbiß) zunächst als Morgeline oder Meier und später als miere eingedeutscht[5]. Der Name Hühnerdarm als Synonym bezieht sich dahingegen auf den weißen "Faden" im Stängelinneren, der an den Darm von Hühnern erinnert.
Der botanische Name Stellaria media spielt wortwörtlich auf die sternenartigen Blüten der Vogelmiere an. Schubert und Hochstetter nannten es deshalb auch Vogel-Sternkraut.
Pflanzenmerkmale und Systematik der Vogelmiere
Herkunft und Vorkommen der Vogelmiere
Es ist heute kaum rekonstruierbar, woher die Gewöhnliche Vogelmiere ursprünglich kam. Sicher ist jedoch, dass die Pflanze europäisch-asiatischer Herkunft ist. Die Vogelmiere ist ein Kosmopolit und heute nahezu auf allen Kontinenten anzutreffen. Man findet sie vorwiegend im Flachland. Im Hochgebirge kann sie jedoch auch in 1.800 Metern Höhe noch wachsen.
Vogelmieren lassen sich wild vor allem an nährstoffreichen und lehmigen Standorten finden. In Deutschland findet man sie häufig auf überdüngten oder fetten Wiesen, an Wegrändern, in Parkanlagen oder am Rande von landwirtschaftlichen Flächen.
Systematik von Stellaria media
Die Gewöhnliche Vogelmiere (Stellaria media), auch Vogel-Sternmiere genannt, gehört zur Familie der Nelkengewächse (Caryophyllaceae) zu der u.a. auch das Seifenkraut zählt. Die Pflanze zählt ferner zur Gattung der Sternmieren (Stellaria), die knapp 200 Arten umfasst. Hierzu zählen u.a. die auch bei uns häufig vorkommende Große Sternmiere oder die Bach-Sternmiere.
Merkmale der Vogelmiere
Die Gewöhnliche Vogelmiere ist ein typischer Bodenkriecher. Die einjährige Pflanze erreicht meist Wuchshöhen um die 5 bis 10 cm, kann aber bei guten Wachstumsbedingungen auch bis zu 30 cm hoch werden. Vogelmieren bilden ein feines Flachwurzelsystem aus, das viele dunkelbraune bis hellbraune stark verästelte Wurzelhaare enthält.
Die Vogelmiere hat eiförmige und leicht spitz zulaufende Blätter, die einen glatten Blattrand haben und Blattlängen zwischen 0,5 und 2 cm erreichen. Vom Blattgrund bis zur Spitze ist meist eine dunklere Blattnervatur zu erkennen. Die Blätter wachsen jeweils gegenständig an den mehrfach verzweigten bzw. stark verästelten Stängeln.
Bei günstigem Jahresklima blüht die Vogelmiere das ganze Jahr über. Neue Pflanzen beginnen jedoch für gewöhnlich mit der Blüte ab Mitte Mai. Dort bildet die Gewöhnliche Vogelmiere fünfblättrige weiß gefärbte Blütenblätter aus, die jeweils zweiteilig sind. Die kleinen Blüten selbst sind in kleinen Trugdolden angeordnet. Jede Blüte enthält bis zu fünf Staubblätter.
Die Fruchtreife der Blüten setzt meist Ende September bis Mitte Oktober ein. Dort bilden sich aus den Blüten sechsteilige Kapselfrüchte, die bis zu einem Millimeter lange kantige bis höckerige Samen enthalten.
Vogelmiere - Anbau, Aussaat und Pflege
In den meisten Regionen Mitteleuropas findet sich die Vogelmiere in meist größeren Beständen, so dass ein Anbau nicht immer sinnvoll ist. Dennoch gibt es mitunter Wildkräuterliebhaber, die sich größere Mengen des Krauts für den Eigenbedarf wünschen und somit anbauen.
Standort: Die Vogelmiere hat einen großen ökologischen Toleranzbereich und kann sowohl an sonnigen wie auch an schattigen Standorten wachsen. Optimal sind jedoch halbschattige Lagen. An den Boden stellt die Vogelmiere einige Ansprüche. Die Pflanze liebt nährstoffreiche und zum Teil lehmhaltige bis lehmige Böden.
Aussaat: Vogelmiere ist sehr einfach anzubauen. Im Haus bzw. auf der Fensterbank kann sie nahezu das gesamte Jahr über angebaut werden. Im Freiland können die Samen der Sternmiere ab Mitte März ausgesät werden. Die Pflanze zählt zu Dunkelkeimern, d.h. die Samen sollten etwa 1 bis 1,5 Zentimeter in die Erde gedrückt werden. Direkt nach dem Säen sollte die Erde mäßig befeuchtet werden. In der Regel erscheinen die ersten Vogelmieresprossen nach 7 bis 14 Tagen. Ein Pflanzabstand ist im Freiland nicht zu beachten, da die Pflanzen Bodenkriecher sind und ein sehr oberflächennahes Wurzelsystem ausbilden. Ein Anbau auf Balkon oder Terrasse ist problemlos möglich. Hierbei reichen flache Töpfe oder Balkonkästen vollkommen aus.
Düngung: Vogelmiere gedeiht auf nährstoffreichen Böden. Stehen nur sandige Böden mit wenig Nährstoffpotenzial zur Verfügung, sollte die oberflächennahe Schicht mit Kompost und etwas Bentonit (Tonmineral) angereichert werden. In normaler Gartenerde oder Blumenerde ist eine zusätzlich Düngung meist nicht erforderlich.
Gießen: Das unscheinbare Nelkengewächs mag eher feuchte Böden. Regelmäßiges aber nicht zu üppiges Gießen ist optimal für die Pflanze. Kürzere Trockenphasen (3 bis 5 Tage) übersteht die Vogelmiere meist problemlos. Ausnahmen bilden vollsonnige Standorte an sehr heißen Tagen. In solchen Phasen kann es erforderlich sein, abends kräftig zu gießen, da das Blattwerk sonst zu Verbrennungen neigt. In Topfkulturen sollte die Erde am besten immer mäßig feucht gehalten werden.
Pflege: Besondere Pflegehinweise sind nicht zu beachten. Die Pflanze benötigt bei guten Boden- und Wasserbedingungen keine zusätzliche Pflege.
Überwinterung: Vogelmieren sind einjährige Pflanzen und sterben nach einer Vegetationsperiode ab. Häufig kommt es jedoch vor, dass die Blätter und Blüten bis in die tiefe Winterzeit zu sehen sind. Die Pflanze ist sehr frosttolerant.
Verwendung von Vogelmiere
Die gewöhnliche Vogelmiere zählt zu den beliebtesten heimischen Wildkräutern in Mitteleuropa. Auch als Heilpflanze spielt sie in der Volksheilkunde eine gewisse Rolle. Sie wird heute jedoch vorwiegend als Salatkraut und wertvoller Vitaminspender verzehrt.
Vogelmiere in der Küche
Mit ihrem milden, leicht maisartigen und teils erbsenartigen Geschmack gilt die Vogelmiere als beliebtes Wildkraut. Die saftigen kleinen Blätter eignen sich hervorragend für die Verarbeitung in Wildkräutersalaten, Kräuterquarks oder Kräuterbutter. Eine köstliche und einfache Möglichkeit ist, die Vogelmiere auf ein frisches, leicht gesalzenes Butterbrot zu verteilen.
Die Blätter der Vogelmiere können außerdem zu einem Kräuterpesto verarbeitet werden. Besonders lecker ist eine Kombination von Giersch, Brennnessel und Vogelmiere. Die Kräuter werden zusammen mit Walnüssen oder Sonnenblumenkernen in einem Mörser zerkleinert und mit einem hochwertigen Speiseöl sowie Salz, Limettensaft und Pfeffer vermischt. Ein guter Hartkäse kann dem Pesto noch dem letzten Pfiff geben. Dazu passen beispielsweise Nudeln oder frisches Brot.
Vogelmiereblätter sind reich an Vitaminen und Mineralstoffen wie Eisen und Kalium. Sie sind eine gesunde und schmackhafte Bereicherung für die Küche.
Vogelmiere als Heilkraut
Hinweis zu medizinischen Inhalten
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In der Naturheilkunde spielt die Vogelmiere meist nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch besitzt das Nelkengewächs einige wertvolle Inhaltsstoffe, die vor allem bei Erkältungsbeschwerden sowie einigen äußeren Beschwerden Verwendung finden.
In der Heilkunde des Mittelalters war die Vogelmiere als Hühnerdarm oder Hühnerbiss bekannt. Im Kräuterbuch von Mattioli wurden die Blätter der Pflanze vor allem bei offenen oder schmerzhaften Wunden empfohlen. Angewendet wurde das Kraut vor allem als Auflage bzw. Umschlag, wobei vorher aus den Vogelmierenblättern ein Aufguss zubereitet wurde. In der Kräuterlehre Sebastian Kneipps wurde Vogelmiere bei Hämorrhoiden, Ausschlägen oder bei Bluthusten angewendet. Meist wurden Auszüge der Pflanze zusammen mit Ackerschachtelhalm und Spitzwegerich zubereitet.
Heute wird Vogelmiere fast ausschließlich bei Erkältungsbeschwerden sowie gelegentlich bei äußeren, nicht offenen Wunden verwendet. Die Pflanze enthält vor allem Saponine, einige Gerbstoffe, Flavonoide, Phenolsäuren sowie ein hohes Vorkommen an Kalium. Diese Wirkstoffe sind verantwortlich für die folgenden Heilwirkungen:
- auswurffördernd
- adstringierend
- entzündungshemmend
- teilweise antibakteriell
- teilweise antimykotisch
- wundheilungsfördernd
- schmerzlindernd
Die Heilwirkungen der Vogelmiere werden in der heutigen Phytomedizin u.a. zur Behandlung oder Linderung der folgenden Krankheiten und Beschwerden genutzt:
- grippale Infekte
- Bronchitis
- Hämorrhoiden
- Ausschläge
- Hautjucken
- Rheuma der Gelenke
- akute Gelenkentzündungen (unterstützend)
- unterstützend bei Salmonellose
- Frühjahrsmüdigkeit
Vogelmiere kann gut als Zutat für Hustentees oder Erkältungstees verwendet werden. Es ist zwar möglich einen reinen Aufguss nur aus Vogelmiere zuzubereiten, allerdings ist dies meist nur bei festsitzendem und produktivem Husten sinnvoll. Zur Zubereitung eines Vogelmieretees können etwa 2 bis 3 Teelöffel frische Vogelmiereblätter mit kochend 250 ml heißem Wasser übergossen werden. Ein solcher Tee sollte etwa 7 bis 10 Minuten ziehen, bevor er schluckweise zwei- bis dreimal täglich getrunken wird.
Bei hartnäckigem grippalen Infekten ist es meist sinnvoll, weitere Heilpflanzen zu nutzen. Neben Vogelmiere eignen sich Quendel, Schlüsselblume, Spitzwegerich und Isländisch Moos ganz hervorragend.
In den letzten Jahren wurden die Wirksamkeit bzw. die Anwendungsmöglichkeiten von Vogelmiereextrakten wissenschaftlich gut untersucht. Es hat sich u.a. gezeigt, dass höhere Dosen der Vogelmiere signifikante entzündungshemmende und schmerzstillende Eigenschaften mit sich bringen [1], die sich möglicherweise bei rheumatischen Beschwerden nutzen lassen. Andere Untersuchungen zeigten u.a. eine gute Wirkung gegen Salmonellen, wobei nicht gesichert festgestellt wurde, welche Inhaltsstoffe hierfür verantwortlich sind. Auch gegen einige Schimmelpilze (u.a. Alternaria tenuissima) kann Stellaria media womöglich gute Erfolge erzielen [2]. Für die antimykotische bzw. antifungizide Wirkung ist womöglich das Peptid smAMP3 verantwortlich, welches reich an Cystein ist [3].
In der Homöopathie werden Auszüge der Vogelmiere vor allem gegen Gelenk- und Knochenbeschwerden verwendet. Globulis werden meist gegen versteifte Gelenke, Rückenschmerzen und Oberschenkelbeschwerden eingenommen.
Nebenwirkungen: Es sind derzeit keine Nebenwirkungen von Vogelmiere bekannt.
Vogelmiere kaufen - Was gibt es zu beachten?
Vogelmiere gibt es aufgrund seiner häufigen Verbreitung nur selten zu kaufen. Da die Vogelmiere jedoch in einigen Gärten als Bodendecker oder als Salatpflanze angebaut wird, bieten die meisten bekannten Saatguthersteller Vogelmieresamen an.
Für die heilkundliche Verwendung der Pflanze gibt es nur sehr wenige Hersteller, die getrocknete Blätter der Pflanzen anbieten. Meist lassen sich auf Onlinemarktplätzen sowie bei einigen spezialisierten Kräuterhändlern entsprechende Produkte finden.
Literaturnachweise
- Oyebanja, B. O. et al. (2012): Anti-inflammatory and analgesic effects of methanol extract of Stellaria media (L.) Vill leaf. In: African Journal of Biomedicinal Research, Vol. 15, S. 29-34.
- Bordoloi, M. al. (2016): Studies on some edible herbs – Antioxidant activity, phenolic content, mineral content and antifungal properties. In: Journal of Functional Foods, Vol. 23, S. 220-229.
- Rogozhin, E. A. et al. (2015): A novel antifungal peptide from leaves of the weed Stellaria media L. In: Biochimie, Vol. 116, S. 125-132, https://doi.org/10.1016/j.biochi.2015.07.014
- Schubert, G. und Hochstetter, C. (1854): Vogel-Sternkraut oder der Hühnerdarm. IN: Naturgeschichte des Pflanzenreichs in Bildern nach der Anordnung des allgemein bekannten und beliebten Lehrbuchs der Naturgeschichte
- Grimm, J., GRimm, W., Heyne, M., Hildebrand, R., Lexer, M. und Weigang, F. L. K. (1854): Miere. IN: Deutsches Wörterbuch. Band6
- Mattioli, P. A. (1600): Kreutterbuch
- Prahn, H. (1897): Stellaria. IN: Pflanzennamen. Erklärung der botanischen und deutschen Namen der in Deutschland wildwachsenden und angebauten Pflanzen, der Ziersträucher, der bekanntesten Garten- und Zimmerpflanzen und der ausländischen Kulturgewächse