Die Handstraußregel und Wildkräuter

Vom Frühling bis in den späten Herbst hinein können wir uns an zahlreichen Wildkräutern erfreuen. Viele davon können wir für Küche oder auch für unser körperliches Wohlbefinden verwenden, weswegen es nahe liegt, diese zu sammeln. Doch wo dürfen wir überhaupt sammeln und wie viel? Ein wichtiger Anhaltspunkt ist die Handstraußregel, die wir hier kurz vorstellen.

Wildkräuter sammeln ist im Trend

Thymian, Schafgarbe, Enzian, Tausendgüldenkraut, Löwenzahn, Spitzwegerich oder Eibisch sind nur ein paar wenige von vielen Wildkräutern, die am Wegesrand, auf Wiesen und Feldern, in Gärten und Parks oder im Wald wachsen.

Getreu dem Motto „Gegen jedes Leiden ist ein Kraut gewachsen“ bietet die Natur eine schier unendliche Auswahl an Kräutern, die in der Hausapotheke bei leichten Infekten helfen oder als Küchenkraut verschiedenen Gerichten eine aromatische Note verleihen.

Wildkräuterwiese

Dennoch gibt es in Deutschland Einschränkungen, was die Menge wie auch die Art und den Ort betrifft, wo Wildkräuter gepflückt werden dürfen.

Allgemeiner und besonderer Artenschutz

Das Bundesnaturschutzgesetz bzw. Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (BNatSchG) befasst sich mit den Bestimmungen zum Schutz wild lebender Tiere und wild wachsender Pflanzen in Deutschland.

Mit diesem Regelwerk macht sich Deutschland die Aufgabe zuteil, den Schutz von Flora und Fauna festzuhalten, um die Biodiversität in puncto Landschaften, Pflanzen- und Tierwelt nachhaltig zu erhalten, zu schützen und zu unterstützen.

Demnach ist es laut § 39 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG im Sinne des allgemeinen Artenschutzes verboten, wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten.

Die Handstraußregel

Glücklicherweise greift an dieser Stelle im selben Paragraphen eine Ausnahme. § 39 Abs. 1 Nr. 3 besagt: Jeder darf abweichend von Absatz 1 Nummer 2 wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen.

Ein wichtiger Satz, der gemeinhin als Handstraußregel bekannt geworden ist. Das heißt: es dürfen so viele wilde Pflanzen gepflückt werden, wie in den Raum zwischen Daumen und Zeigefinger passen.

Der Hinweis pfleglich wird in diesem Zusammenhang als umsichtig und vorsichtig ausgelegt. Die Pflanzen sollten nur oberirdisch abgepflückt werden; Wurzeln und Knollen verbleiben im Boden. Wenn von einer Pflanze nur wenige Exemplare vorhanden sind, sollte das persönliche Interesse zugunsten der Natur zurücktreten und die Menge der gepflückten Wildkräuter reduziert werden.

Was an dieser Stelle fehlt, sind die Einschränkungen des besonderen Artenschutzes, insofern das Pflücken und Sammeln von einigen bestimmten Pflanzen nicht erlaubt ist, da diese in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet als gefährdet und besonders schützenswert eingestuft werden.

Eine Auflistung aller nach dem Naturschutzgesetz unter Schutz gestellten Pflanzen ist in der Anlage 1 der Bundesartenschutzverordnung (BartSchVO) 2005 in § 1 unter der Überschrift Flora festgehalten.

Nach BArtSchVO geschützte Wildplfanzen (Tabelle ist nicht vollständig)
WildkrautBotanischer Name
Alpen-EdelweißLeontopodium alpinum
Bittere SchafgarbeAchillea clavernae
DiptamDictamnus albus
Echte EdelrauteArtemisia officinalis
Echter EibischAthaea officinalis
EhrenpreisVeronica longifolia/langblättriger und spicata/ähriger
EisenhutAconitum spp.
EnzianeGentianella spp.
FieberkleeMenyanthes trifoliata
FingerhutDigitalis spp.
KüchenschellePulsatilla spp.
LöffelkrautCochleoria spp.
NieswurzHelleborus spp.
Schmalblättriges LungenkrautPulmonaria spp.
Schwarze SchafgarbeAchillea atrata
Sumpf-JohanniskrautHypericum elodes
TausendgüldenkräuterCentaurium spp.
Zarter GauchheilAnagallis tenella

Wer auf der Suche nach Wildkräutern unterwegs ist, dem sei deshalb ein kleines Nachschlagewerk für unterwegs ans Herz gelegt. Noch praktischer und deutlich umfangreicher sind Apps zur Bestimmung von Pflanzen.

Neben dem Schutzstatus ist zudem auf zwei weitere Bedingungen zu achten: die Menge, die gepflückt wird, ist ausschließlich für den privaten Gebrauch gedacht. Wer beispielsweise Bärlauch in großen Mengen sammelt und verkaufen möchte, braucht eine Verkaufsgenehmigung.

Hinzu kommt, dass das Betretungsrecht nicht verletzt werden darf. Abgezäunte Grundstücke, Privatgärten und Felder sind ebenso passé wie das Sammeln in Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten.

Wer trotzdem bei der Wilderei erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen, dessen Höhe nach sich nach dem Ausmaß der Wilderei und dem Bußgeldkatalog der einzelnen Bundesländer richtet.

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Quellen:

       

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