Kriechender Günsel
Ajuga reptansDer Kriechende Günsel (Ajuga reptans) zeigt sich im Frühjahr bis Sommer mit seinen blauen Blüten häufig im Halbschatten. Das Wildkraut ist grundsätzlich essbar und lässt sich vielseitig nutzen, insofern man nichts gegen einen bitteren Geschmack hat. In der Volksheilkunde wird der Kriechende Günsel u.a. bei Schmerzen, Entzündungen und zur Wundheilung verwendet.
Botanischer Name | Ajuga reptans |
Pflanzenfamilie | Lippenblütler |
Weitere Namen | Wiesengünsel, Wundkraut |
Aussaatzeit / Pflanzzeit | Oktober bis Februar |
Blütezeit | April bis Juli |
Erntezeit | April bis Mai |
Standort | sonnige bis halbschattige Lagen mit nährstoffreichen, humosen Böden |
Verwendung als Heilkraut | Rheuma, Gicht, Durchfall, Gelenkbeschwerden, Wundheilung |
Verwendung als Gewürzkraut | für Suppen, Salate, Kräuterquarks, Kartoffeln, Wildgerichte, Blätter für Füllungen |
Inhaltsverzeichnis
- Von kriechenden Ausläufern und gebogenen Blüten
- Herkunft, Systematik und Merkmale des Kriechenden Günsels
- Anbau, Aussaat und Pflege im Garten
- Verwendung von Kriechendem Günsel
- Kriechender Günsel sammeln – Was gibt es zu beachten?
- Violett-blau blühende Wildkräuter im Frühjahr
- Verwendete Quellen und weiterführende Literatur
Von kriechenden Ausläufern und gebogenen Blüten
Woher der Name Kriechender Günsel kommt, wird deutlich, wenn man die Wildpflanze genauer betrachtet, vor allem die Ausläufer, die kriechend ihren Weg suchen bzw. nach dem perfekten Standort, um dort zu wurzeln[4].
Der Ursprung des Wortes Günsel hingegen ist etwas komplizierter. Wie der Sprachwissenschaftler Hermann Grassmann 1870 schreibt, stammt der Name Günsel von der lateinischen Vokabel consolida ab - ein historischer Sammelbegriff der "älteren Kräutler", die damit "alle wundenheilenden Pflanzen" bezeichneten[5].
Der botanische Name Ajuga reptans hingegen bezieht sich auf die äußeren Merkmale des Kriechenden Günsels. Das Wort Ajuga wurde vom französischen bugle hergeleitet, was mit "sich biegen" übersetzt wird und auf die gebogenen Lippenblüten anspielt[5]. Reptans wurde aus dem lateinischen Wortschatz übernommen und bedeutet kriechen.
Herkunft, Systematik und Merkmale des Kriechenden Günsels
Herkunft und Vorkommen
Der Kriechende Günsel zählt zu den heimischen Wildkräutern. Das natürliche Verbreitungsareal dehnt sich von Westeuropa bis zum Schwarzen Meer aus. Als Neophyt ist Ajuga reptans heute auch in Nordamerika sowie selten auch in Australien anzutreffen.
Als Bodendecker findet man den Kriechenden Günsel vor allem auf nährstoffreichen Standorten mit lehmhaltigen, schweren Böden. Er gilt als Zeigerpflanze für frische und stickstoffreiche Böden. Die Pflanze besiedelt u.a.:
- Wiesen und Weiden
- Parks
- Ränder von Mauern
- Waldlichtungen und Waldränder
Systematik von Ajuga reptans
Kriechender Günsel (Ajuga reptans) zählt zur artenreichen Familie der Lippenblütler, zu denen u.a. viele wichtige Gewürzkräuter wie der Oregano und der Salbei oder heimische Wildkräuter wie der Gundermann gehören. Die Gattung der Günsel (Ajuga) zählt heute etwa 70 einzelne Arten, die weltweit verbreitet sind.
In Mitteleuropa werden noch zwei Unterarten (Varietäten) unterschieden, die sich in Blütenfarbe und Blütenaufbau leicht unterscheiden:
- Ajuga reptans var. atropurpurea: Unterart mit purpurnen statt blaue Blüten
- Ajuga reptans var. pyramidata: Unterart mit kleineren spatelförmigen Blättern
Mermale vom Kriechenden Günsel
Der Kriechende Günsel ist eine typisch krautige, mehrjährige Pflanze. Sie erreicht Wuchshöhen zwischen 10 und 25 cm, kann selten aber auch 30 cm erreichen. Besonderes Merkmal sind die Ausläufer, so genannte Stolonen, die sich kriechend fortbewegen und für die vegetative Vermehrung der Pflanze sorgen. Im Boden wird die Pflanze durch cremeweiße und buschige Wurzeln verankert.
Kriechender Günsel bildet spatelförmige und langgestielte Blätter aus. Die Blattoberfläche zeigt einen auffallenden Blattglanz. Die Blattfarbe kann zwischen olivgrün bis rostrot variieren, wobei die rostrote Färbung meist bei älteren Exemplaren auftritt. Die Pflanze bildet immer eine grundständige Blattrosette aus. Am stets vierkantigen Stängel wachsen die Blätter gegenständig. Eine Blatt- und Stängelbehaarung ist sporadisch vorhanden.
Die Blütezeit des Kriechenden Günsels dauert von Mitte April bis Mitte Juli an. Hier bildet die Pflanze ansehnliche blaue bis violette Blüten aus, die in einer Scheinquirle angeordnet sind. Auffälliges Merkmal ist, dass die untere Blütenlippe deutlich über die obere hinausragt. Außerdem sind die vier Staubblätter charakteristisch, die wie eine goldene Blütenspitze wirken.
Zur Fruchtreife bildet Kriechender Günsel Klausenfrüchte aus. Jede Klause (Teilfrucht) enthält etwa 2 bis 4 Samen, die hellbraun bis ocker gefärbt sind und eine halbrunde Form aufweisen.
Anbau, Aussaat und Pflege im Garten
Standort und Boden
Kriechender Günsel toleriert sowohl sonnige Standorte als auch halbschattige Standorte, wobei letztere bevorzugt werden. An den Boden stellt er einige Ansprüche. Dieser sollte vorwiegend nährstoffreich, humos und frisch sein. Meist bildet die Pflanze in halbschattigen Lagen rostbraune Blätter aus, die kein Krankheitszeichen darstellen. Die Pflanze ist ein Frischeanzeiger!
Aussaat
Die Anzucht des Günsels aus Samen gelingt meistens problemlos. Zu beachten ist, dass die Pflanze ein Kaltkeimer ist. Die Samen können vom Herbst bis Februar direkt ins Freiland eingearbeitet werden. Da der Kriechende Günsel auch ein Lichtkeimer ist, sollten die Samen nicht mehr als 1 cm in die Erde gedrückt werden. Bei Aussaat mehrerer Pflanzen sollte der Pflanzabstand etwa 20 bis 25 cm betragen. Zu beachten ist, dass sich die Pflanzen durch Stolonen (Ausläufer) ausbreitet.
Kriechender Günsel kann auch problemlos auf dem Balkon angepflanzt werden. Hierzu können Töpfe mit dem Samen ab Anfang bis Mitte Februar rausgestellt werden. Die Keimdauer kann zwischen 20 und 35 Tage dauern und hängt vor allem von den Außentemperaturen ab.
Vermehrung
Die Vermehrung des Kriechenden Günsels ist spielend einfach. Die Pflanze bildet Stolonen bzw. Ausläufer, die geteilt werden können. Die geteilten Ausläufer sollten direkt auf einen Topf mit Erde gelegt werden. Ziemlich schnell bilden die Stolonen kleine Wurzelhaare, mit dem sie sich dann in der Erde verankern.
Dünger
Der Nährstoffbedarf des Kriechenden Günsels ist für sich genommen zwar recht hoch. Die Pflanze ist allerdings eher klein, so dass kaum zusätzliche Düngergaben über das Jahr verabreicht werden müssen. Ausnahmen bilden nährstoffarme oder durchlässige Substrate. Im Frühjahr kann es von Vorteil sein, wenn etwas Kompost oder frischem Humus in den Boden eingearbeitet wird.
Gießen
Eine gute Wasserversorgung ist der wichtigste Pflegeschritt. Kriechender Günsel hat eine recht geringe Trockentoleranz und reagiert schnell auf Feuchtigkeitsmangel. Bestenfalls sollte der Boden immer leicht feucht sein.
Krankheiten und Schädlinge
Kriechender Günsel ist eine sehr robuste Pflanze, die kaum von Schädlingen befallen wird. In seltenen Fällen werden Blätter und Stängel von Blattläusen befallen. Steht die Pflanze längere Zeit trocken kann sich unter Umständen Echter Mehltau bilden. Vom Falschem Mehltau wird der Lippenblütler eher nicht befallen.
Verwendung von Kriechendem Günsel
Verwendung als Küchenkraut
Kriechender Günsel ist grundsätzlich ein essbares Wildkraut, bei dem vor allem die folgenden Pflanzenteile verwertet werden können:
- Blätter: Als Gewürz für Kartoffel- und Wildgerichte sowie als Suppengewürz; roh in Wildkräutersalaten oder Wildkräuterquarks
- Blüten: als Dekoration für Salate
Der Geschmack der Blätter kann als auffallend bitter sowie leicht würzig beschrieben werden. Daher sollten diese immer nur sparsam verwendet werden. Das Aroma ist relativ hitzestabil, weswegen die Blätter des Günsels mitgekocht oder mitgebraten werden können. Eine sehr interessante Note ergeben die Blätter als Gewürz für deftigen Kartoffelgerichte. Eine gute Kombination sind Günselblätter mit Gundermann beispielsweise in Eiergerichten oder Wildfleischpfannen.
Günselblätter können auch als Gemüse gebraucht werden. Beispielsweise können sie Bestandteil von Gemüsefüllungen oder Wildkräuterfüllungen in Pasteten, Bratlingen oder Blätterteigrollen sein. Auch hier gilt, dass der Anteil gering sein sollte, da sonst das bittere Aroma vorherrschend ist.
Die Blätter als auch die Blüten sind vitaminreich enthalten viele wertvolle sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe beinhalten, die u.a. die Verdauung anregen können. Beispielsweise können diese auch als Zutat für einen Wildkräutersmoothie verarbeitet werden.
Rezepttipp: Nussbratlinge mit Blätter vom Kriechenden Günsel
Nussbratlinge lassen sich ganz hervorragend mit vielen Wildkräutern würzen. Die Bratlinge können beispielsweise zu Kartoffeln oder Reis mit einer herzhaften Sauce gegessen werden. Für die Zubereitung benötigt man:
- 40 g Haselnüsse
- 40 g Walnüsse
- 50 g Hartkäse (z.B. Parmesan oder Pecorina)
- 5 – 7 Blätter vom Kriechenden Günsel
- 1 Ei
- 75 g Paniermehl
- 1 Halbe Möhre
- Salz, Pfeffer
Die Nüsse werden zunächst mit einem Mörser kleingestoßen und mit dem Paniermehl vermischt. Anschließend werden die Blätter des Günsels klein geschnitten oder mit einer Kräuterhacke zerkleinert. Danach wird die Möhre geraspelt und zusammen mit dem Hartkäse, den Blättern und der Nussmasse verrührt. Dann noch das Ei verrühren und mit Salz und Pfeffer würzen.
Die Bratlinge sollten zunächst flachgedrückt werden und bei mittlerer Hitze etwa 8 Minuten beidseitig gebraten werden.
Verwendung als Heilkraut
Hinweis zu medizinischen Inhalten
Die hier dargestellten Inhalte stellen keine Empfehlungen dar. Sie sind aus historischen und wissenschaftlichen Quellen nach wissenschaftlichen Standards recherchiert und werden von uns zusammengefasst. Sollten Sie krank sein, suchen Sie bitte einen Arzt auf.
Der Kriechende Günsel wird in der modernen Pflanzenheilkunde zwar kaum genutzt, dennoch enthält er zahlreiche wertvolle Inhaltsstoffe, die eine Anwendung begründen könnten. In der Volksmedizin wird er bereits seit einigen Hundert Jahren gegen Entzündungen und Gelenkbeschwerden genutzt.
Im Mittelalter und der frühen Neuzeit war der Kriechende Günsel zwar bekannt, aber ebenfalls nur selten benutzt. Die Pflanze wird in vielen alten Kräuterbüchern zwar beschrieben, allerdings finden sich kaum bzw. zum Teil keine Anwendungsszenarien darüber. Der englische Arzt und Apotheker Nicholas Culpeper beschrieb 1653 in einem Buch, dass der Ajuga reptans u.a. für die Wundheilung von äußeren Verletzungen bzw. Blutergüssen eingesetzt wurde. In der traditionellen Volksheilkunde hatte der Kriechende Günsel eine scheinbar größere Bedeutung.
Heute ist bekannt, dass der Kriechende Günsel über ein breites Spektrum unterschiedlicher Inhaltsstoffe verfügt, die medizinisch von Interesse sind. So ist bekannt, dass die Pflanze u.a. Iridoide wie Aucubin, Ajugol und Ajugosid, ätherische Öle sowie Gerbstoffe wie z.B. Kaffeesäure enthält. Außerdem ist wohl bekannt, dass viele Arten der Gattung Ajuga das auch in der Teufelskralle vorkommende Harpagid bzw. Harpagosid enthalten. Hierauf weist eine Studie aus dem Jahr 1981 hin.
Nach der aktuell vorliegenden Studienlage kann der Kriechende Günsel u.a. die folgenden Wirkungen auf den menschlichen Organismus haben:
- antioxidativ
- adstringierend
- schmerzlindernd
- entzündungshemmend
- leberschützend
- leicht schlaffördernd
- leicht diuretisch (entwässernd)
Es gibt derzeit keine offiziellen Monographien, die die Heilwirkung der Pflanze darstellt, geschweige denn Hinweise zu Anwendungsdauer und Dosierung gibt. Volksmedizinisch wurden wohl Mazerate (Kaltwasserauszüge) bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum sowie Umschläge aus dem Mazerat bei schlecht heilenden Wunden, Blutergüssen, Gicht oder Rheuma zubereitet.
In einem Laborversuch zeigt der Kriechende Günsel antibakterielle Eigenschaften u.a. gegen Staphylococcus epidermidis, Serratia marcescens, Pseudomonas aeruginosa oder Salmonella typhimurium. In dem in [1] genannten Experiment wurden antibakterielle Eigenschaften sowohl im wässrigen Extrakt als auch im Ethanolextrakt festgestellt. In welchen Pflanzenteilen die entsprechenden Wirkstoffe vorhanden sind, geht aus der Studie nicht hervor [2].
Anwendungsbeschränkungen und Nebenwirkungen: Das Kraut wird wissenschaftlich kaum nennenswert untersucht. Ebenso gibt es derzeit keine Kommissionen oder Behörden, die Hinweise zu Dosierungen oder Nebenwirkungen geben. Daher gibt es keinerlei Einschätzungen, ob die Einnahme von Günsel für heilkundliche Zwecke nachteilig sein kann.
Kriechender Günsel sammeln – Was gibt es zu beachten?
Kriechender Günsel lässt sich in der Regel in den Monaten April bis Juli auf frischen Wiesen, Wegrändern oder Parks finden, insofern die halbschattig gelegen sind. Die Blätter sollten nach Möglichkeit im Frühjahr gesammelt werden, da sich der bittere Geschmack bis hierhin nicht so deutlich entwickelt. Bitte achten Sie darauf, immer nur wenige Blätter zu entnehmen und die Pflanze als solches stehen zu lassen. Für viele Zweiflügler wie Hummeln, Bienen oder Schmetterlinge stellt die blühende Pflanze eine wichtige Nahrungsgrundlage dar. Allgemeine Hinweise erhalten Sie auch in unserem Artikel Tipps und Tricks zum Sammeln von Kräutern.
Verwechslungsgefahr mit anderen Kräuter besteht kaum, da sich sowohl die Blüten und Blätter gut bestimmen lassen. Unerfahrene Kräuterkenner verwechseln die Pflanze gelegentlich mit dem Gundermann, welcher jedoch einen deutlich anderen Blütenstand und eingekerbte Blätter zeigt.
Die Pflanze ist nach Bundesartenschutzgesetz nicht geschützt und derzeit auch nicht in ihrem Bestand gefährdet.
Violett-blau blühende Wildkräuter im Frühjahr
- Gundermann- Glechoma hederacea
- Kleine Braunelle - Prunella vulgaris
- Echter Ehrenpreis - Veronica officinalis
Verwendete Quellen und weiterführende Literatur
- Ruhdorfer, J. und H. Rimpler (1981): Iridoide aus einigen Teucrium-und Ajuga-Arten. In: Zeitschrift für Naturforschung C, Vol. 36, S.697-707, doi: 10.1515/znc-1981-9-1001
- Yildirim, A. B. et al. (2012): In vitro antibacterial and antitumor activities of some medicinal plant extracts, growing in Turkey. In: Asian Pacific Journal of Tropical Medicine, Vol. 6, S. 616-624, doi: 10.1016/S1995-7645(13)60106-6
- Qing, X. et al. (2017): Chemical and pharmacological research on the plants from genus Ajuga. In: Heterocyclic Communications, Vol. 23, doi: 10.1515/hc-2017-0064
- Röhling, J. C., Mertens, F. C. und Koch, W. D. (1833): Ajuga reptans. Kriechender Günsel. IN: Deutschlands Flora
- Grassmann, H. (1870): Ajuga. Die Günsel. IN: Deutsche Pflanzennamen
- Wagner, H. (1831): Ajuga. Günsel. IN: Illustrirte Deutsche Flora. Eine Beschreibung der in Deutschland und der Schweiz einheimischen Blüthenpflanzen und Gefässcryptogamen