Oreganoöl - Stand der Forschung
Aktualisiert am:
01.07.2020
Der Oregano ist nicht nur ein beliebtes und schmackhaftes Gewürz der mediterranen Küche, sondern auch eine wichtige Heilpflanze. Das aus den Blättern der Pflanze gewonnene Oreganoöl ist bekannt für seine antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung. Uns hat interessiert, wie gut die Wirkungsweise und ein möglicher Einsatz von Oreganoöl von der Wissenschaft erforscht wurde.
Was macht Oreganoöl so wertvoll?
Wissenschaftlich gut erforscht
Der Oregano (Origanum vulgare) wird wissenschaftlich schon lange untersucht. Das Kraut selbst war bereits in der Antike eine anerkannte und oft verwendete Heilpflanze, die später auch von Mönchen und Kaufmännern nach Mitteleuropa eingeschleppt wurde. Fast alle Kräuterbücher des Mittelalters verfassten mehrere Seiten zum Dost - wie er damals ausschließlich bezeichnet wurde.
Etwa zu Beginn des 21. Jahrhunderts stieß das Kraut auf das Interesse zahlreicher Wissenschaftler. Eine kurze Recherche zeigt, dass es seit dem Jahr 2000 mehr als 2500 Studien zum Oregano bzw. zum ätherischen Öl und dessen Wirkungen auf den menschlichen oder anderen tierischen Organismen gibt. Allein auf der wissenschaftlichen Publikationsplattform ScienceDirect wurden 2019 189 Forschungsartikel zu den Schlagworten Origanum vulgare und Öl publiziert.
Und tatsächlich: Einige der Stoffe im Oreganoöl zeigen vielseitige Wirkungen auf den menschlichen Organismus und können möglicherweise eine schonende Alternative zu synthetischen Arzneien darstellen. Oft diskutiert wird zum Beispiel ein Einsatz als pflanzliches Antibiotika. Auch in der Präventation von Krankheiten kann das Öl womöglich eine größere Rolle spielen.
Ob und inwiefern das Öl, dass aus den Blättern des mediterranen Lippenblütlers gewonnen wird, sich jedoch auch in der wissenschaftlichen Medizin fest etablieren wird, lässt sich derzeit nur schwer abschätzen. Es ist zwar schon viel über den Wirkmechanismus und auch über mögliche Einsatzzwecke bekannt. Was jedoch fehlt sind medizinische Langzeittests, klinische Studien sowie verlässliche toxikologische Studien. Die Frequenz der wissenschaftlichen Abhandlungen in den letzten Jahren lässt jedoch hoffen, dass auch in diesen Bereichen große Anstrengungen unternommen werden.
Welche Inhaltsstoffe sind in Oreganoöl enthalten?
Oreganoöl ist ein Gemisch aus mehreren sekundären Pflanzeninhaltsstoffen. Sprechen wir heute von Oreganoöl, so meinen wir vor allem das ätherische Öl, das sich aus verschiedenen Phenolen, Terpenen und terpenähnlichen Verbindungen zusammengesetzt. Das Öl selbst enthält jedoch auch einige Gerbstoffe, die beim Extrahieren des Öls ebenfalls enthalten sind.
Wogegen kann das Öl vom Oregano womöglich helfen?
Durch die enthaltenen Wirkstoffe, allem voran Terpen- und Phenolverbindungen, wird Oreganoöl in der Naturheilkunde sowie als Hausmittel oft bei folgenden Beschwerden verwendet:
- Pilzerkrankungen wie Candidose
- Grippale Infekte bzw. Erkältungen
- Entzündungen des Mund- und Rachenraums
- unterstützend bei Herpesbefall
- äußerer Parasitenbefall wie Läuse
- Verdauungsbeschwerden
- Entzündungen der Haut
Antioxidative Eigenschaften
Das aus den Blättern des Oreganos extrahierte Öl zeigt hohe antioxidative Eigenschaften. Dies wurde in zahlreichen Studien mehrfach belegt. Vor allem die Stoffe Carvarcrol, Thymol und die Rosmarinsäure wirken als Radikalfänger und können dadurch beitragen, Alterungsprozesse zu verlangsamen oder Tumore an der Bildung oder am Wachstum zu hindern [3, 4]. Das antioxidative Potenzial wird häufig durch so genannte MTT-Tests bestimmt, dass die Stoffwechselaktivität einer Zelle bestimmen kann.
Was bedeutet antioxidativ?
Unser Leben ist durch zahlreiche Risiken geprägt. Hierzu zählen z.B. eine ungesunde Ernährung, Rauchen, der Kontakt mit Umweltgiften aber auch das Sonnenbad im Sommer. Sind wir solchen Risiken ausgesetzt, entstehen freie Radikale. Wird unser Organismus von diesen freien Radikalen überschüttet, bezeichnen wir diesen Zustand als oxidativen Stress. Das bedeutet einfach gesagt, dass diese freien Radikale einen Bindungspartner suchen, unabhängig davon, ob dieser Bindungspartner geeignet ist oder nicht. Dieser Zustand kann die Funktionsweise unserer Zellen beeinträchtigen und uns schleichend krank machen.
So genannte Antioxidantien helfen dabei, diese freien Radikale einzufangen. Somit können sie an anderen Orten im Körper weniger Schaden anrichten. Gerade der Oregano mit seinen Stoffen Carvacrol und der Rosmarinsäure haben ein hohes antioxidatives Potenzial und können helfen, oxidativen Stress zu verringern.
Antibakterielle Eigenschaften
Es gibt verhältnismäßig viele Studien zur Wirkung von Oreganoöl auf Bakterien. Interessanterweise können die ätherischen Öle eine Vielzahl von gram-negativen wie gram-positiven Bakterien abtöten oder zumindest hemmen. Der Stoff Thymol z.B. ist in der Lage, das Wachstum und die Vermehrung von Salmonellen zu hemmen, in dem gezielt Proteine an ihrer Regulation gehindert werden [5]. Die Forscher um Si et al. [6] kamen zum Schluss, dass das ätherische Öl des Oreganos eines der vielversprechendsten natürlichen Verbindung sei, um sichere antibakterielle Mittel herzustellen. In ihren Untersuchungen haben sie das Öl ausgiebig an Escherichia Coli getestet.
Wissenschaftler um Memar et al. [7] erklären außerdem, dass die beiden Einzelsubstanzen Thymol und Carvacrol ein mögliches antimikrobielles Mittel gegen antibiotikaresistente Bakterien wie MRSA darstellen. Gleichzeitig wird jedoch darauf hingewiesen, dass noch weitere Studien notwendig sind, um mögliche Nebenwirkungen vollumfänglich zu untersuchen.
Pilzhemmende Eigenschaften
Tatsächlich haben vor allem die ätherischen Öle Thymol und p-Cymol eine antifungizide Wirkung. Beispielsweise hemmt Thymol die Stoffwechselaktivitäten von Candidapilzen um mehr als 90 Prozent [1]. Dabei wird die Produktion des so genannten Biofilms bei den Pilzen vollständig unterdrückt, wodurch diese letztlich sterben.
Darüber hinaus wird diskutiert, ob sich Oreganoöl als eine Art Reinigungsmittel für Zahnprothesen einsetzen lässt. Bei vielen Zahnprothesen besteht nämlich die Gefahr, dass sich über die Zeit krankheitsfördernde Pilze festsetzen können, die u.a. zu Mundsoor führen kann. Erste Studien gaben Hinweise darauf, dass das ätherische Öl tatsächlich als Fungizid wirkt und das Anhaften von Candidapilzen auf zahnprothetischen Materialien reduziert [2].
Entzündungshemmende Eigenschaften
Die bereits erwähnten Substanzen Thymol und Carvacrol sind auch für die entzündungshemmenden Eigenschaften des Oreganoöls verantwortlich. In Laborversuchen von Han und Parker [8] wurde festgestellt, dass das Öl bestimmte Biomarker bzw. Proteine, die an Entzündungsreaktionen beteiligt sind, signifikant gehemmt werden können.
Warum wirkt Oreganöl entzündungshemmend? Einfach erklärt!
Bevor eine Entzündung überhaupt entstehen kann, müssen bestimmte Stoffe wie Enzyme oder Proteine aktiviert werden. Entzündungen sind für einen Organismus zunächst sinnvoll, da durch eine solche Reaktion z.B. Bakterien und Viren oder andere Fremdstoffe aus dem körpereigenem Gewebe entfernt werden. Manchmal können Entzündungen dem Körper jedoch mehr schaden als nutzen, weswegen in der Medizin entzündungshemmende Substanzen verabreicht werden. Ein gutes Beispiel hierfür sind Autoimmunerkrankungen, bei dem das eigene Immunsystem Zellen angreift und Entzündungen auslösen kann.
Es ist vermutlich der Stoff Carvacrol, der im Besonderen Entzündungsreaktionen hemmen kann. Dies geschieht womöglich durch das Aktivieren bestimmter körpereigener Cytokine (spezialisierte Eiweiße in unseren Zellen), die die Hemmung einer Entzündung hervorrufen.
Wie wird Oreganoöl angewendet?
Das Öl gibt es in zwei Darreichungsformen:
- als flüssige Form
- in Kapselform
Diese Hinweise sollten Sie grundsätzlich vor und während der Einnahme von Oreganoöl beachten:
- immer nur geringe Mengen verwenden
- bei unverdünnter Einnahme besteht immer das Risiko von Schleimhautreizungen und Gewebeschäden, daher niemals unverdünnt einnehmen
- Kinder unter 12 Jahren, Säuglinge, Schwangere und Stillmütter dürfen kein Oreganoöl einnehmen
- es besteht die Möglichkeit, dass Oreganoöl Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten verursacht
- in seltenen Fällen kann Oreganoöl allergische Reaktionen hervorrufen. Dies ist dann wahrscheinlich, falls eine Allergie gegen Lippenblütler besteht. Hierzu gehören u.a. verwandte Arten wie Basilikum, Lavendel, Thymian oder Ysop.
- Einnahme größerer Mengen können zu Störungen des Magen-Darm-Trakts führen
Wie schmeckt Oregano-Öl
Der Geschmack von Oreganoöl ist deutlich würzig, merklich scharf und leicht bitter. Es ist deutlich intensiver als der Verzehr frischer Oreganoblätter. Wer eine Abneigung gegen den Geschmack von Oregano hat, sollte daher die Kapseln bevorzugen.
Anwendung bei äußeren Beschwerden
Bei der äußeren Anwendung sollte das Öl verdünnt auf die entsprechende Stelle aufgetragen werden. Als Faustformel gelten etwa 1 bis 2 Tropfen auf 100 ml Flüssigkeit. Geeignete Flüssigkeiten sind z.B. Wasser oder Rosenwasser. Wichtig: Diese Werte stellen lediglich Erfahrungswerte dar, die wissenschaftlich nicht abgesichert sind. Bei sensibler Haut bzw. ernsthaften Hauterkrankungen sollte die Anwendung immer mit einem Facharzt für Dermatologie besprochen werden.
Innere Anwendung
Innerlich wird Oreganoöl vor allem folgendermaßen verwendet:
- orale Einnahme: verdünnt im Verhältnis 1:20 bis 1:50 bei Magen-Darm-Beschwerden oder Pilzinfektionen wie Candida
- inhalativ (z.B. in Form von Dampfbad): meist gegen grippale Infekte oder allgemeinen Beschwerden der oberen Atemwege
In der Naturheilkunde wird das ätherische Öl des Oreganos häufig bei Candidabefall oder auch Verdauungsbeschwerden empfohlen. Hierzu werden meist zwei bis drei Tropfen des Öls mit einem Speiseöl vermischt und heruntergeschluckt. Es sollte jedoch beachtet werden, dass reines Oreganoöl schleimhautreizend und ätzend ist und niemals pur angewendet werden darf. Eine Eigentherapie ohne Absprache mit einem Arzt oder Apotheker sollte ebenfalls unterbleiben.
Grenzen derzeitiger Anwendung
Auch wenn die Anwendungsmöglichkeiten vielversprechend sind und die wissenschaftliche Forschung bereits weit fortgeschritten ist, fehlen noch wesentliche Fakten. Es existieren derzeit keine Richtlinien zur Anwendung und zur Dosierung. Auch eine entsprechende Monographie der Europäischen Arzneimittel Agentur sowie eine allgemeine Anwendungsempfehlung der Kommission E ist nicht vorhanden.
Möglicherweise werden diese erarbeitet, so wie entsprechende Toxizitätsprofile vorliegen und weitere Informationen zu Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen bekannt sind. Derzeit gibt es diese jedoch ausschließlich für Tiere, bei denen deren Futter mit Oreganoöl versetzt wird.
Sämtliche Hersteller von Oreganoöl verkaufen dieses lediglich als Duftöl oder als aromatisierenden Zusatz, nicht jedoch als Medikament. Dieses lässt sich allein daran belegen, dass keinerlei Packungsbeilagen beiliegen.
Klinische Studie zur Wundheilung
Die Anzahl klinischer Studien ist ebenfalls sehr gering. Das Forscherteam um Ragi [10] führte jedoch 2011 eine Doppelblindstudie mit einer Salbe durch, die ein 3 prozentiges Oreganoextrakt enthielt. Der Stichprobenumfang umfasste 40 Personen. Untersucht wurde das Potenzial von Oregano bei der Wundheilung nach chirurgischen Operationen.
Im Ergebnis schnitt die Oreganosalbe signifikant besser ab, als die Kontrollgruppe, die lediglich mit Vaseline behandelt wurde. Dies zeigt sich u.a. durch eine Verbesserung der Narbenfarbe sowie einer besseren Pigmentierung. Außerdem war der Befall von Staphylokokken bei der Oreganogruppe geringer als in der Kontrollgruppe.
Interessant, leider aber nicht Bestandteil der Studie, wäre eine Gegenüberstellung mit einem derzeitigen Standardmedikament.
Weiterführende Literatur und verwendete Quellen
- Braga, P.C. (2008): Thymol inhibits Candida albicans biofilm formation and mature biofilm. In: International Journal of Antimicrobial Agents, Vol. 31, S. 472-477, doi: 10.1016/j.ijantimicag.2007.12.013
- Srivatstava, A. et al. (2013): Evaluation of the properties of a tissue conditioner containing origanum oil as an antifungal additive. In: The Journal of Prosthetic Dentistry, Vol. 110, S. 313 – 319, doi: 10.1016/S0022-3913(13)60381-9
- Coccimiglio, J. et al. (2016): Antioxidant, Antibacterial, and Cytotoxic Activities of the Ethanolic Origanum vulgare Extract and Its Major Constituents. In: Oxidative Medicine and Cellular Longevity, Vol. 2016, doi:10.1155/2016/1404505
- Martucci, J.F. et al. (2015): Oregano and lavender essential oils as antioxidant and antimicrobial additives of biogenic gelatin films. In: Industrial Crops and Products, Vol. 71, S. 205-213, doi: 10.1016/j.indcrop.2015.03.079
- Barbosa, L. N. Et al. (2020): Proteomic analysis and antibacterial resistance mechanisms of Salmonella Enteritidis submitted to the inhibitory effect of Origanum vulgare essential oil, thymol and carvacrol. In: Journal of Proteomics, Vol. 214, doi: 10.1016/j.jprot.2019.103625
- Si, H. et al. (2008): Antibacterial effect of oregano essential oil alone and in combination with antibiotics against extended-spectrum β-lactamase-producing Escherichia coli. In: Pathogens and Disease, Vol. 53, S. 190-194, doi: 10.1111/j.1574-695X.2008.00414.x
- Memar, M. et al. (2017): Carvacrol and thymol: strong antimicrobial agents against resistant isolates. In: Bacteriology, Vol. 28, S. 63-68, doi: 10.1097/MRM.0000000000000100
- Han, X. Und Parker, T. L. (2017): Anti-inflammatory, tissue remodeling, immunomodulatory, and anticancer activities of oregano (Origanum vulgare) essential oil in a human skin disease model. In: Biochimie Open, Vol. 4, S. 73-77, doi: 10.1016/j.biopen.2017.02.005
- Leyva-Lopez, N. (2017): Essential Oils of Oregano: Biological Activity beyond Their Antimicrobial Properties. In: molecules, Vol. 22, doi: 10.3390/molecules22060989
- Ragi, J. (2011): Oregano Extract Ointment for Wound Healing: A Randomized, Double-Blind, Petrolatum-Controlled Study Evaluating Efficacy. In: Journal of Drugs in Dermatology, Vol. 10, S. 1168-1172
Hallo,
vielen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel.