Kerbel
Anthriscus cerefoliumDer Echte Kerbel, der uns meist nur als gezüchtete Kulturform bekannt ist, ist vor allem als Gewürzkraut für Suppen und Saucen beliebt. Aus diesem Grund wird das Kraut mitunter auch als Suppenkraut oder Küchenkerbel bezeichnet. Als Heilpflanze wird der Echte Kerbel allerdings nur selten verwendet.
Botanischer Name | Anthriscus cerefolium var. cerefolium |
Pflanzenfamilie | Doldenblütler |
Weitere Namen | Gartenkerbel |
Aussaatzeit / Pflanzzeit | März-April |
Blütezeit | Juni-August |
Erntezeit | Mai-September |
Standort | sonnig bis halbschattig, durchlässige und humose Böden |
Verwendung als Heilkraut | Erkältung, Kopfschmerzen, Stress, Wundbehandlung |
Verwendung als Gewürzkraut | Quark, Kräuterbutter, Suppen, Saucen, Fisch, Gemüsegerichte |
Der Name Kerbel
Eine der ältesten Beschreibungen von Kerbel stammt aus der Feder des Botanikers und Arztes Adam Lonitzer (1520 bis 1586). Neben der medizinischen Verwendung geht Lonitzer auch auf die Namensherkunft des Wortes Kerbel - bzw. wie er schreibt: "Kerbeln, Körffel oder Kerffelkraut - ein. Ihm zufolge stammt der Begriff Kerbel aus dem Griechischen und war bereits auch dem römischen Gelehrten Plinius (23 bis 79 n.Chr) bekannt[1].
Der Mediziner Adolph Martin (1822 bis 1864) setzte sich ebenfalls mit der Etymologie des Kerbels auseinander und hielt 1851 fest, dass Kerbel "das lateinisch umgemodelte chaerophyllon" ist[2]. Im Laufe der Jahre entwickelte das Wort weiter, wurde im Lateinischen unter der Vokabel cerefolium adaptiert, bis dem Sprachwissenschaftler Hermann Graßmann (1809 bis 1877) zufolge im Althochdeutschen um etwa 1000 n.Chr. das Wort kervola und daraus wiederum unser Kerbel entstanden ist[3].
Allen Wörtern gemeinsam ist die Bedeutung: während die griechische Silbe chaeromit Freude übersetzt wird, steht die Vokabel phyllon für Blatt - ein Blatt, das Freude macht, oder wie Graßmann meinte: "sich der Blätter erfreuend" wegen den "zahlreichen oder schönen (wohlschmeckenden) Blättern".
Der Arzt Christoph Johann Christoph Adelung (1732 bis 1806) ist anderer Meinung, insofern der Name Kerbel eine Anspielung an die Gestalt der Blätter ist: der Name stammt "unmittelbar von Kerben wegen ihrer gekerbten Blätter"[4].
Pflanzenmerkmale und Systematik des Kerbels
Herkunft und Vorkommen des Kerbels
Der Kerbel kommt ursprünglich aus Osteuropa und wurde vor allem aus den kaukasischen Ländern sowie den östlichen Mittelmeerländern (Türkei, Syrien) nach West- und Mitteleuropa gebracht. Den Römern war das Kraut bereits gut bekannt. Es wird daher heute angenommen, dass die Römer den Kerbel vom Mittelmeergebiet aus zu uns brachten.
Die Wildformen des Kerbels sind heute neben ihren Ursprungsgebieten auch in den süddeutschen Bundesländern sowie in Österreich und Polen anzutreffen.
Wilder Kerbel kommt insbesondere an offenen Standorten vor, wie bspw. an Waldrändern oder lichten Wäldern, als Pionierpflanze an Brachflächen (Ruderalstandorte). Auch in vielen Gebirgen kann das Küchenkraut bis in 2000 Meter Höhe angetroffegen werden.
Systematik von Anthriscus cerefolium
Der Echte Kerbel (Anthriscus cerefolium) zählt zur Pflanzenfamilie der Doldenblütler (Apiaceae) und ist eng mit weiteren wichtigen Küchen- und Heilkräutern wie dem Anis, dem Dill oder der Petersilieverwandt. Der Gattung Kerbel gehören insgesamt neun Arten an, hierzu zählen u.a. der Hundskerbel (Anthriscus caucalis) sowie der bei uns oft wild vorkommende Wiesenkerbel (Anthriscus sylvestris).
Es gibt mehrere Unterarten (Varietäten) vom Echten Kerbel:
- Anthriscus cerefolium var. trichocarpa: Die Wildform
- Anthriscus cerefolium var. cerefolium: Die Kulturform
Die Wildform ist von der Kulturform äußerlich kaum zu unterscheiden. Lediglich anhand der etwas gekrümmten Borsten an den Früchten lässt sich die Wildform deutlich erkennen.
Merkmale des Echten Kerbels
Der Echte Kerbel erreicht je nach Standortbedingungen eineWuchshöhe zwischen 25 und 80 cm. Die typisch krautig wachsende Pflanze ist meistens zweijährig und selten mehrjährig. Kerbel bildet flache, meist braune Wurzeln aus. Jede Wurzel besitzt mehrere feine helle Wurzelhaare.
Die Blätter des Echten Kerbels erinnern an Farne. Die Blattform ist gefiederten und am Blattrand leicht gesägt. Die Haptik ist auffallend weich. Auf der Unterseite der Kerbelblätter befinden sich feine Drüsenhaare. Der Stängel ist ründlich, weisen eine feine Rillung auf und zeigen mitunter deutliche Knoten mit feinen Drüsenhaaren.
Wie für Doldenblütler üblich, sind auch die weißen Blüten in so genannten Doppeldolden angeordnet. Die Blütezeit ist meist zwischen Ende Mai und Anfang August zu erwarten. Die kleinen Einzelblüten bilden keinen Blütenkelch aus.
Die Früchte des Kerbels sind typische Spaltfrüchte, die bis zu einem Zentimeter lang werden können und eine hell- bis dunkelbraune Färbung entwickeln. Die Kerbelfrüchte sind immer zweiteilig und langgezogen. Sie erinnern mitunter an die Form von Wildreis.
Aussaat, Anbau und Pflege
Standort
Der Kerbel ist ein Allrounder, was die Standortansprüche angeht. Er verträgt sowohl sonnige Standorte als auch Halbschatten. Volle Sonne ist jedoch zu vermeiden, da die kleinen und dünnen Blätter sonst leicht verbrennen können. Der Boden bzw. die Erde sollte durchlässig, etwas feucht und gut humos sein. Als Erde für den Anbau im Topf kann eine normale Kräutererde mit einem eher neutralen pH-Wert (zwischen 6,5 und 7,5) verwendet werden.
Kerbel liebt Standorttreue
Das Kraut sollte nach der Aussaat nicht mehr verpflanzt werden, da es sich um eine standorttreue Pflanze mit sehr feinem Wurzelsystem handelt. Kerbel vermehrt sich meist von selbst. In der Regel können die ersten Blätter nach 6 bis 8 Wochen geerntet werden. Beim Anpflanzen ist darauf zu achten, dass die Pflanzen wenigstens einen Abstand von 15 cm voneinander haben, da sonst die Gefahr für Stress und Nahrungsmittelkonkurrenz besteht.
Aussaat
Der beste Zeitraum zur Aussaat sind die Monate März bis April. Die Aussaat kann jedoch bis auf die frühen Sommermonate ausgedehnt werden, wobei meist mit geringeren Erträgen zu rechnen ist.
Kerbel ist ein Lichtkeimer. Bei der Aussaat sollte daher darauf geachtet werden, die Samen nur leicht anzudrücken und nicht mit Erde zu bedecken. Ebenso ist das Kraut ein Kaltkeimer, bei der die Samen für 4 bis 6 Tagen kältere Phasen von 5 bis 10 °C benötigen. Nach der Aussaat sollte die Erde bzw. der Boden gleichmäßig feucht gehalten werden, jedoch nicht zu feucht.
Gießen
Es ist wichtig, den Kerbel immer leicht feucht zu halten. Die Pflanze zeigt eine geringe Trockenheitstoleranz. Zu trockenen Boden in Verbindung mit großer Hitze verträgt der Kerbel daher nicht. Gerade an heißen Tagen ohne Niederschlag sollte immer auf eine kontinuierliche Wasserzufuhr geachtet werden.
Insofern der Boden zu lehmig oder zu dicht ist, empfiehlt sich die Auflockerung mit Quarzsand, Lavagrus (Körnung bis 6mm) oder Perliten. Diese Zuschlagstoffe dienen auch gleichzeitig als Wasserspeichermöglichkeit. Staunässe sollte zwingend vermieden, da die Wurzeln des Kerbels sonst faulen können.
Düngen
Kerbel benötigt meist keine zusätzliche Nährstoffe, insofern er im Freiland wächst. Große Zugaben von Dünger sollten unterbleiben. Ab und an können kleinere Mengen Kompost in der Erde vermischt werden, insofern die Böden Nährstoffmangel aufweisen. Auch können schwache organische Dünger wie Pferdedung oder Rindermist verwendet werden.
Topfkulturen sollten ggf. gedüngt werden, sowie einige Blätter sich gelb verfärben. Ein guter Kräuterdünger ohne hohe Phosphoranteile sollte hier gewählt werden, um die Ausbilung der Blüten zu unterdrücken oder herauszuzögern.
Krankheiten und Schädlinge
Kerbel ist ein guter Geselle im Garten, da er imstande ist verschiedene Lausarten und Mehltau abzuwehren. Dort wo er wächst, soll er auch vor Schnecken schützen. Schädlinge meiden scheinbar die ätherischen Öle der Pflanze.
Ernte
Die Pflanze kann bei ordnungsgemäßer Pflege fast das ganze Jahr über abgeerntet werden. Die Blütentriebe sollten so schnell wie möglich nach Auftreten entfernt werden, um den gewohnten Kerbelgeschmack zu bewahren.
Verwendung von Kerbel
Kerbel ist den meisten Menschen nur als Küchenkraut bekannt und genießt dort eine weite Verbreitung. Die Pflanze ist jedoch vor allem im Mittelalter auch als Heilpflanze bekannt gewesen. In der heutigen Naturheilkunde wird Kerbel nur selten verwendet.
Verwendung als Küchenkraut
Kerbel ist ein sehr beliebtes Küchenkraut, das vor allem zum Würzen von Suppen und Saucen verwendet wird. Es hat einen leicht pfeffrigen, süßlichen und sehr aromatischen Geschmack, bzw. einen "eigenthümlichen, etwas süßlichen, aber angenehm gewürzhaften Geruch udn Geschmack"[5]. Mitunter erinnert Kerbelaroma an eine Mischung an Fenchel, Anis und Petersilie.
Der würzige Doldenblütler dient auch zur Verfeinerung von Milchprodukten wie Quarks, Frischkäse oder Kräuterbutter. Gern gegessen wird z.B. eine reine Kerbelbutter, die u.a. für zarte Fleischgerichte oder gebackenem Fisch gegessen wird. Häufig wird Kerbel in Verbindung mit anderen Kräutern Petersilie oder Estragon verwendet. Die zuletzt genannten Kräuter sind übrigens auch die Hauptbestandteile einer berühmten französischen Kräutermischung mit dem Namen Fines Herbes (deutsch: feine Kräuter).
Bekannte Gerichte sind u.a. Kerbelcremesuppe und Kerbel-Crepes. Ebenso ist das Kraut eine wichtige Zutat der Frankfurter Grünen Soße, die als regionale hessische Spezialität weit bekannt ist. Das Grundrezept der Grünen Soße ist im Übrigen seit 2000 Jahren bekannt und stammt ursprünglich aus dem Orient, wo sie über die Jahre immer weiter verfeinert wurde.
Am Besten schmecken die frischen, jungen Kerbelblätter und die Triebe. Das Kraut verliert nach der Blüte deutlich an Aroma und hat einen leicht veränderten Geschmack. Für einen unverfälschten Kerbelgeschmack sollte das Kraut daher immer vor der Blüte verzehrt werden. Getrockneter und erhitzter Kerbel verliert ebenfalls stark an Aroma. Die besten Aufbewahrungs- bzw. Lagerform ist das eingefrorene Kraut. Bei der Verwendung in Saucen und Suppen sollte der Kerbel immer zum Schluss dazu gegeben werden und niemals mit gekocht werden.
Da Kerbel eines der ersten Kräuter im Frühjahr ist, werden die jungen Blätter und jungen Triebe gern für eine Vielzahl von Ostergerichten verwendet.
Unterscheidung Kerbel und Kerbelrübe
Gut sortierte Gemüsemärkte bieten gelegentlich die Kerbelrübe als Exoten an. Die Kerbelrübe ist das Wurzel- bzw. Speicherorgan eines in Vergessenheit geratenen Wildkrauts. Es handelt sich um den Knolligen Kälberkropf, der hellbraune Knollen mit pastinaken- und möhrenartigem Geschmack bildet. Mit dem Kerbel hat die Kerbelknolle damit nichts zu tun.
Verwendung als Heilkraut
Hinweis zu medizinischen Inhalten
Die hier dargestellten Inhalte stellen keine Empfehlungen dar. Sie sind aus historischen und wissenschaftlichen Quellen nach wissenschaftlichen Standards recherchiert und werden von uns zusammengefasst. Sollten Sie krank sein, suchen Sie bitte einen Arzt auf.
Als Heilpflanze wird Kerbel nur selten verwendet. In einigen naturheilkundlichen Werken wird dem Kerbel jedoch eine vitalisierende und blutverdünnende Wirkung zugeschrieben. Auch finden sich gelegentlich Quellen, die den Doldenblütler für die Linderung von Erkältungsbeschwerden empfehlen.
Im Mittelalter wurde Kerbelkraut gelegentlich zur Linderung von Menstruationsbeschwerden sowie zur Behandlung von Spülwürmern, Krebs und Hüftleiden eingesetzt[1]. Im Gart der Gesundheit (1485) wurde empfohlen, den Kerbel zu pulverisieren und mit Honig zu mischen. Auch wurde es wohl zur Wundbehandlung von Bisswunden verwendet. Dort wird der Kerbel (bzw. die Wurzel) in Verbindung mit Steinbrech erwähnt.
In der heutigen Naturheilkunde und Volksmedizin spielt Kerbel kaum eine Rolle. Auch wenn einige medizinisch positive Wirkungen wie Entzündungshemmung, Blutbildung oder Stoffwechselanregung erzielt werden können, werden andere Doldenblütler für heilkundliche Anwendungen bevorzugt.
Kerbel kaufen - Was gibt es zu beachten?
Kerbel zählt zum Standardsortiment im Supermarkt, sowohl als Frischkraut als auch als verarbeitetes Gewürzkraut. Die Qualität ist je nach Handelskette und Anbaugebiet sehr unterschiedlich. Wir empfehlen die Pflanze ordentlich zu begutachten und zu prüfen, ob das Verhältnis Pflanzengröße und Blätter gut zueinander passen. Schnell hochgezüchtete Pflanzen sind meistens hoch, haben jedoch kaum Blattmasse. Bestenfalls sollte auch ein kleines Blatt probiert werden, um sicherzustellen, dass das Aroma den eigenen Qualitätsansprüchen genügt.
Kerbelsamen bieten alle namhaften Hersteller von Saatgut an. Hier gibt es unterschiedliche Zuchtformen wie Massa, Commun, Frisé oder Vertissimo. Die Zuchtform Massa soll schnellwachsend sein und für den Anbau auf dem Balkon geeignet sein. Commun wächst etwas langsamer als Massa und soll besonders für eine dauerhafte Ernte über das ganze Jahr geeignet sein. Die Zuchtvarietät Vertissimo soll eine intensivere Blattfärbung haben und besonders ertragreich sein. Frisé oder auch Krauser genannt, soll über ein feineres Aroma verfügen, als die übrigen Zuchtformen. Welche Form geeignet ist, muss im Selbstversuch herausgefunden werden.
Einige Hersteller bieten auch getrockneten Kerbel an. Kerbelkraut verliert im getrockneten Zustand ziemlich viel Aroma, so dass Sie darauf achten sollten, nur gefriergetrocknete Kräuter zu erwerben. Achten Sie zudem darauf, ob die Verpackungen aromaversiegelt sind. Gefriergetrockneter Kerbel hat meist eine etwas intensivere Grünfärbung als normalgetrockneter. Getrockneter Kerbel ist durchaus für die Zubereitung von Speisen geeignet. Gelegentlich wird etwas mehr benötigt. Für frische als auch getrocknete Blätter gilt: Nicht mitkochen, sonst Aromaverlust!
Weiterführende Literatur und Quellen
- Lonitzer, A. (1593): Kerbeln. Cerefolium. IN: Kreuterbuch, Kunstliche Conterfeytunge der Bäume, Stauden, Hecken, Kreuter, Getreyde, Gewürtze
- Martin, A. (1851): Chaerophyllum. IN: Die Pflanzennamen der deutschen Flora mit den wichtigern Synonymen
- Graßmann, H. (1870): Anthriscus. Der Kerbel. IN: Deutsche Pflanzennamen
- Adelung, J. C. (1775): Kerbel. IN: Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuches der Hochdeutschen Mundart
- Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie (1858): Kerbel. IN: Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexikon : in funfzehn Bänden · Band8
- Brunschwig, H. (1597):Kerbel oder Kerbelkraut. IN: New vollkomen Distillierbuch
- Geiger, P. L. (1840): Anthriscus Cerefolium Hoffmann. Gemeiner oder officineller Gartenkerbel, Körbelkraut. IN: Pharmaceutische Botanik
- Cuba, J. v. (1485): Gart der Gesundheit