Giersch

Aegopodium podagraria

Foto vom GierschKaum ein anderes Wildkraut ist in Gärten so unbeliebt wie Giersch (Aegopodium podagraria). Dabei kann Geißfuß bzw. Podagrakraut wie Giersch auch genannt wird, viel mehr als wuchern. Rohköstler und Fans von Wildkräutern schwören auf Giersch als schmackhaften Nährstofflieferanten in Salaten oder als Alternative zu Spinat. Der Doldenblütler ist zudem eine traditionelle Heilpflanze, die u.a. bei rheumatischen Erkrankungen unterstützend angewendet wird.

Steckbrief von Giersch
Botanischer NameAegopodium podagraria
PflanzenfamilieDoldenblütler
Weitere NamenBodenholunder, Dreiblatt, Geißfuß, Zipperleinskraut
Aussaatzeit / PflanzzeitFrühjahr-Herbst
BlütezeitMai-September
ErntezeitMärz-Oktober
Standortschattige bis halbschattige Standorte mit humosen, feuchten Böden
Verwendung als HeilkrautRheuma, Gicht, Blasenentzündungen, Skorbut,
Verwendung als Gewürzkrautals Gemüse wie Spinat

Von Ziegenfüßen und Gicht

Aegopodium und Giersch: der botanische und der volkstümliche Name, die in ihrer Bedeutung nicht unterschiedlicher sein könnten.

Während der Ursprung von Giersch und Gicht dem Sprachwissenschaftler Hermann Graßmann (1809 bis 1877) derselbe ist und in der Vergangenheit angenommen wurde, dass Giersch die Behandlung von Gicht unterstütze, bezieht sich der aus Griechischen stammende Name und später ins Lateinische übernommene Begriff Aegopodium auf das Aussehen der Blätter[2]. Aegepodium wird wortwörtlich mit Ziegenfuss übersetzt. Tatsächlich wurde im Laufe der Jahre die Brücke von der Gicht zum Ziegenfuss gebildet, sodass Giersch mit den ziegenfussähnlichen Blättern in der historischen Kräuterheilkunde bei Gicht zum Einsatz kam - wie auch der Lexikograph Philipp Andreas Nemnich (1764 bis 1822) meint: "Einige sagen, die Blätter und Wurzeln der Pflanzen lindere das Zipperlein, andre sagen, man trete sie auf dem Felde mit Füssen"[1].

Pflanzenmerkmale, Vorkommen und Systematik des Gierschs

Bereits im botanischen Namen Aegopodium podagraria versteckt sich ein Hinweis auf das Aussehen dieser Pflanze. Der namensgebende „Ziegenfuss“ kommt nicht von ungefähr: das Strauchende mit seiner dreiblättrigen Gestalt erinnert an die Füße von Ziegen.

Herkunft und Vorkommen von Giersch

Der Gewöhnliche Giersch ist eine in Mitteleuropa heimische und häufig vorkommende Wildpflanze. Das Kraut wächst in der Regel in hoher Anzahl an halbschattigen und schattigen Standorten. Es bildet oft zusammen mit der Knoblauchsrauke oder der Brennnessel eine pflanzensoziologische Gemeinschaft.

Besiedelt werden vor allem nährstoffreiche Lagen. Die Pflanze gilt als Stickstoffanzeiger. Häufig findet man den Giersch am Rand von Parkflächen, an halbschattigen Hängen mit viel Wildbewuchs, in Gebüschen, an Waldrändern sowie an und in der Nähe von Bahntrassen. Die Pflanze ist sowohl im Flachland als auch in einigen Hochgebirgslagen anzutreffen.

Systematik von Aegopodium podagraria

Botanisch zählt der Giersch (Aegopodium podagraria) zu den Doldenblütlern. Das berühmte Wildkraut ist damit u.a. mit bekannten Kräutern wie Dill, Koriander oder Kümmel verwandt. Die Gattung Giersch ist mit derzeit sieben bekannten Arten recht übersichtlich. Von diesen 7 Arten kommt allein der uns bekannte Gewöhnliche Giersch in Europa vor.

Merkmale des Gierschs

Giersch ist durch seine markanten Blätter und durch den charakteristischen Pflanzenbau recht einfach zu erkennen.

Blätter

Giersch bildet in der Regel einfache, teils eiförmige und zackig gegliederte Blätter aus. Die Blattlänge erreicht meist Längen um die 20 cm, wobei selten auch Längen bis zu 30 cm vorkommen können. Die Blätter selbst sind meist in einer Dreiergruppe angeordnet. Die Sproßachsen (Stängel) sind kantig, unbehaart und innen hohl.

Blätter vom Giersch
Gierschblätter fallen in der Natur sehr schnell auf. Sie sind meist in Dreiergruppen angeordnet.

Blüten

Die Blütezeit ist beim Giersch etwa zwischen Mai und September zu erwarten. Die Blütenstände des Gierschs erinnern dabei an die der Wilden Möhre, die ebenfalls zur selben Pflanzenfamilie gehört. Die weißen bis leicht rötlichen Blüten sind in Dolden vergemeinschaftet.

Blüte vom Giersch
Giersch bildet typische Doldenblüten mit jeweils weißĺichen Einzelblüten aus

Früchte und Samen

Zur Fruchtreife bildet Giersch kleine und glatte Früchte aus, die an Kümmel erinnern. Die bräunlichen Samen sind in der Regel glatt.

Giersch - Anbau, Aussaat und Pflege

Die Aussaat von Giersch will gut überlegt sein. Giersch zählt zu den Pflanzen – ähnlich wie Bärlauch, die sich schnell und unkontrolliert vermehren. Entschließt man sich dennoch dazu, ist die Anpflanzung über Senker am einfachsten. Wenn man vermeiden möchte, dass der heimische Garten nur von Giersch beheimatet wird, empfiehlt es sich, Giersch in einem großen Kübel heranzuziehen. Dank der interessanten Blätter, der weißen auffälligen Doldenblüte und einer Wuchshöhe von bis zu einem Meter ist Giersch optisch ein imposanter Hingucker.

Giersch lässt sich auch durch Samen aufziehen. Zum Aussäen kann zwischen Frühjahr und Herbst erfolgen. Die Aussaat sollte in eher nährstoffarmen Erden oder Böden vorgenommen werden. Da der Giersch ein Lichtkeimer ist, sollten die Samen nur leicht angedrückt und keinesfalls mit Erde bedeckt werden. Sobald die Keimlinge erscheinen, ist es wichtig die Erde stets feucht, aber nicht zu nass zu halten.

Was den Standort betrifft, ist Giersch anspruchslos. Am besten wächst die Pflanze jedoch in stickstoffreichen, humosen Böden an feuchten, schattigen Stellen. Entsprechend häufig findet man Giersch deshalb in der freien Natur in Wäldern.

Giersch ist ein robustes Kraut und verlangt nicht viel Pflege. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass man Giersch nicht so leicht wieder los wird. Man hat wenig Erfolg, Giersch zu bekämpfen, indem einfach das Blattgrün entfernt wird. Auch das Zerhacken der Wurzeln verspricht keine langfristige Aussicht auf Erfolg. Lediglich das penible Entfernen aller Wurzelteile aus der Erde macht dem Giersch den Garaus.

Verwendung von Giersch

Giersch ist nicht nur ein wunderbarer Lieferant von blutbildendem Eisen und wertvollem Vitamin C, in der Vergangenheit kam Giersch auch als Heilkraut zum Einsatz.

Giersch in der Küche

Giersch ist unter Liebhabern von Wildkräutern und Wildgemüse sehr beliebt, weswegen es mittlerweile sehr viele Rezepte mit Giersch gibt. Gegessen werden in der Zeit des Erscheinens vom ersten Blattgrün bis hinein in den Sommer die frischen, kleinen Blätter. Giersch hat eine pikante Note, die vor allem in Sommersalaten ihren interessanten Geschmack entfaltet. Die Blätter enthalten hohe Anteile an Vitamin C und Mineralstoffen wie Eisen.

Mit dem Alter der Blätter wird der Geschmack intensiver und strenger, weshalb ältere Gierschblätter in Form von Tee Einsatz finden oder gekocht als Spinatalternative zubereitet werden. Allerdings sollten die Stiele der Gierschpflanze vor dem Kochen bzw. der Zubereitung entfernt werden, da in diesen Pflanzenteilen die Konzentration an Kumarin am höchsten ist, was zu einem bitteren Geschmack führt.

Giersch wird als Wildgemüse auch häufig in Kombination mit Brennnesseln und Löwenzahn gegessen. Die Pflanzen können in dem Fall als Salat oder, was meist häufiger passiert, als Suppe oder als Cremesuppe zubereitet werden. In Verbindung mit Brot sollen Cremesuppen als sehr delikat gelten.

Giersch als Heilkraut

Hinweis zu medizinischen Inhalten

Die hier dargestellten Inhalte stellen keine Empfehlungen dar. Sie sind aus historischen und wissenschaftlichen Quellen nach wissenschaftlichen Standards recherchiert und werden von uns zusammengefasst. Sollten Sie krank sein, suchen Sie bitte einen Arzt auf.

In alten Kräuterbücher und Nachschlagewerken zur Naturheilkunde wird Giersch als Zipperleinkraut beschrieben. Zipperleinkraut deshalb, weil Giersch gegen viele Volkskrankheiten, insbesondere gegen Rheuma und Gicht, helfen soll - auch wenn Giersch in der Medizin heute vernachlässigt wird, da viele Studien die Wirksamkeit von Giersch gegen die genannten Leiden häufig nicht bestätigen konnten. Der hohe Kaliumgehalt von Giersch unterschützt die Entwässerung und Ausscheidung von Harnsäure im Körper, wodurch das Kraut häufig auch zur Vorbeugung von Blasenentzündungen empfohlen wird.

Grundsätzlich gilt Giersch aufgrund seines hohen Vitamin C und Eisengehalts als sehr gesund und wird daher gern im Frühjahr als Zutat für Smoothies oder Gemüse genutzt. In Verbindung mit Brennessel soll er helfen, u.a. Beschwerden bei Frühjahrsmüdigkeit zu lindern.

Einige neuere Studien ( Prior et al.) konnten jedoch feststellen, dass der Stoff Falcarindiol im Giersch enthalten ist. Dieser Inhaltsstoff hat eine antifungizide Wirkung. Falcarindiol ist ein so genanntes Polyacetylen, dessen medinzische Verwertung aktuell noch diskutiert wird. Das Falcarindiol ist leicht giftig und vorzugsweise an den Wurzeln zu finden. Für den Menschen ist der Genuss von Giersch allerdings kein Problem.

Verwechslungsgefahr beim Sammeln - Giersch vom Bärenklau unterscheiden

Wer Giersch sammeln und für den Eigenbedarf nutzen möchte, sollte vorher klären, ob es sich auch tatsächlich um das Kraut handelt. Einige Bärenklau-Gewächse sehen dem Giersch auf dem ersten Blick sehr ähnlich. Bärenklau ist giftig und kann bereits bei Berührungen eine so genannte Photodermatitis auslösen. Giersch lässt sich leicht durch seine Blattform unterscheiden. Bärenklau hat gefiederte bis geschwungene Blätter, wohingegen sich der Giersch mit seinen gezackten und meist kleineren Blättern deutlich unterscheiden. Der Wiesen-Bärenklau ist gegenüber dem Riesen-Bärenklau deutlich ungiftiger und wird im jungen Zustand sogar als Wildkraut geschätzt. Der Riesen-Bärenklau enthält jedoch deutlich mehr Fucocumarine und kann entschieden mehr Verletzungen und Vergiftungen hervorrufen, als sein kleinerer Verwandter.

Unterscheidung von Giersch mit Wiesenbärenklau anhand der Blätter

Wie weiter oben beschrieben, ist Giersch eine sehr ausdauernde Pflanze, die binnen kürzester Zeit große Teile von Gärten oder Wiesen überwuchert. Im Handel findet man aufgrund des meist negativen Rufes nur selten Pflanzen, Gierschsamen werden vereinzelt im Onlinehandel zu sehr günstigen Preisen angeboten. Am einfachsten ist Zucht über Ableger. Das Angebot an Mitteln zur Bekämpfung von Giersch ist meist größer, als Gierschprodukte selbst.

Weiterführende Literatur und Quellen:

  • Nemnich, P. A. (1793): Aegopodium. IN: Allgemeines Polyglotten-Lexicon der Naturgeschichte
  • Grassmann, H. (1870): Aegopodium. Der Giersch. IN: Deutsche Pflanzennamen
  • Krünitz, J. G. (1787): Gersch oder Giersch. IN: Oeconomische Encyklopädie, oder allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirthschaft
  • Langstedt, F. L. (1801): Aegopodium. IN: Allgemeines botanisches Repertorium
  • Müller, F. (1869): Geißfuß (Aegopodium). IN: Das große illustrirte Kräuterbuch ausführliche Beschreibung aller Pflanzen, nebst deutlicher Anweisung zur Bereitung aller möglichen medicinischen Präparate
  • Bergemann, J. G. (1811): Deutschland wildwachsende Nahrungs-Mittel

       

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